Und dann war das Buch plötzlich fertig und ich brauche doch einen Verlag. Also gab ich ihm einen Namen, gestaltete mir ein Logo und nannte es einen Verlag.

Das erste Buch war dann nicht der lange Jahre lang aufgetürmte Roman, sondern der endlose, radikale, zärtliche Text über den Tod des eigenen Sohnes. Das war der Text der ersten hundert Tage. Druckreif jetzt, ein Jahr danach. Die kleine Vorabauflage des großen Buches würde bald aus dem Druck kommen. Also baute ich eine Webseite, war sehr müde und fast sowas wie selig, nach diesem Jahr der Arbeit an diesem Text, der dem Kind und der Trauer irgendwie dann doch würdig geworden war.

Alles weitere, ISBN, Barcode, Bürokratie, alles würde demnächst kommen. Wichtig war der erste Schritt jetzt raus. Der Text, der viel größer geworden war als meine eigene, nur mir gehörende Trauer, dieses Lebensbuch über seinen Tod müsste jetzt raus. Und der Verlag würde die Klammer sein. Auch für den Roman, den ich später vielleicht ja wieder weiterzuschreiben im Stande wäre. Und vielleicht würden ja andere Texte noch folgen. Ein Profil, eine Kontur, ein Programm würde er haben, dieser kleine Verlag. Regionale Themen vielleicht, allgemeingültige Kleinheiten wohl auch, vielleicht noch mehr zum Thema Trauer, auch alles Nischige, das Ausufernde, das anachronistisch Ausschweifende, das Nichtkurze, das Suchende, wie in meinen anderen Tätigkeiten, die weite, freie Musik, all das – das wäre doch schön, wenn der Verlag ein Ort dafür wäre, ein weiterer Baustein, vielleicht ein Gebäude für all dieses, das ineinander greift.

Also speicherte ich schnell diese erste Seite der Webseite, dieses Hallo aus dem Verlag, machte den Computer aus und ging raus.


Martin Hiller hat mit „Frau Elster und der eingestickte Wal“ ein radikales, zärtliches Buch über den Tod des eigenen Sohnes geschrieben. Diese Einträge berichten von der Zeit nach seiner Fertigstellung.

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